..über die Jurte im Allgemeinen Die Jurte ist eine zeltähnliche Behausung, die traditionell bei den mongolischen Nomaden aber auch von anderen asiatischen Nomadenvölkern verwendet wird. Sie ist innerhalb weniger Stunden auf- oder abgebaut und auf nur zwei Pferderücken transportabel verstaubar. Die handwerkliche Herstellung eines solchen Nomadenzeltes bedarf weniger einfacher Hilfsmittel und einer kurzen, jedoch sehr intensiven Zeit der Gruppenarbeit, jedoch auch einiges an Erfahrung. |
in Deutschland gebaute Jurte |
Neben diesen Faktoren ist auch die Verwendung der Wolle der eigener Herden ausschlaggebend dafür. dass das nomadische Filzzelt, aber auch die Filzkunst ansich, seit Jahrhunderten fester Bestandteil asiatischer, vorallem aber mongolischer Wohn- und Lebenskultur ist. Heute gibt es in mongolischen Städten, wie z.B. Ulan-Bator, neben modernen Hochhäusern Stadtteile, die nur aus Jurten bestehen. Diese entsprechen jedoch nicht immer den traditionellen Bauweisen, sondern sind aufgrund von Armut und mangels Material z.T. mit Karton, Plastikplanen oder Blech bekleidet. Zudem gibt es auch viele Jurten im Bereich der Städte, die Reichere wie eine Art Wochenendhaus nutzen und die durchaus traditionell gepflegt sind. Bei den Nomaden selbst, die abseits der rasenden technischen Revolutionen leben, ist eine Veränderung durch den Zahn der Zeit meist weniger deutlich erkennbar, manchmal nur durch ein Radio im Inneren, jedoch oft durch das Wegfallen der offenen Feuerstelle, welche durch einen Ofen ersetzt wurde. Nicht zuletzt haben die bis 1992 herrschenden politischen Verhältnise eines dikatorischen Kommunismus die mongolischen Filztraditionen stark beeinträchtigt. Vielleicht aufgrund der Öffnung gegen den Westen oder ökologischer Strömungen, aber sicher wegen der eigenemanzipatorischen Entwicklung der Mongolei ist das Interesse am Filzen und seinen Traditionen wieder in blühendem Wachstum begriffen. |
So wird dem westlichen Menschen, der selbstsicher durch Einkaufspassagen rennt und die verschiedensten Örtlichkeiten aufsucht, beim Betreten einer Jurte leicht der Flüchtigkeitsfehler unterlaufen, der seinen mongolischen Gastgeber, wenn auch nicht sichtbar, doch verletzen würde. Denn es gilt als durchaus unhöflich, die Schwelle einer Jurte mit dem Fuß zu betreten oder auch die Zeltseile zu berühren. Auch die innere Aufteilung der Jurte entspricht langen Traditionen. So dass man es als sehr hohe Wertschätzung begreifen kann, wenn man den Platz der Ehrengäste zur rechten der Gastgeber zugewiesen bekommt.
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(Unsere geläufigen Pfadfinderjurten haben mit denen der Mongolen jedoch nichts gemein.) ... über die Herstellung einer Jurte Eine im klassischen Stil gebaute Jurte hat eine runde Grundform, um so dem Wind optimal Widerstand leisten zu können. Das Gestell besteht aus einem hölzernen Scherenrahmen mit einer Tür aber ohne Fenster. Die Außenhaut bilden ein oder mehreren Lagen Filz,die den Holzrahmen bedecken, der wiederum mit Filz- oder Lederbändern zusammenen geschnürt ist. Je nach Gegend, Gegebenheiten und Möglichkeiten werden die Filzdächer, teilweise auch die ganze Jurte, zusätzlich noch mit weißen Stofftüchern gegen Staub und Wetter geschützt. Die Böden bestehen je nach Jahreszeit aus verschieden vielen und verschieden dicken Filzteppichen. Die Verwendung von Holzböden war früher eher selten. In der Mitte der Dachkuppel befindet sich oft eine mehr oder minder große Öffnung für den Rauchabzug. Die Größe der Jurte beträgt je nach Verwendungszweck zwischen 3-8 Meter im Durchmesser und ca 2-3 Meter in der Höhe (im Mittelpunkt). Im Einzelnen unterscheiden sich die Jurten natürlich auch im Aussehen, da jede Volksgruppe ihre Eigenheiten pflegt, aber auch die Besitzvehältnisse der Familien sowie die Verwendung ein erhebliche Rolle spielen. So ist vom einfachen Sonnensegel ohne Außenwände, welches über ein paar wenige Holzpfosten gespannt wird, bis hin zur 8-9 Meter großen, reich geschmückten Festjurte mit handgeschnitzten Türen ein großer Variationsreichtum zu finden. Abgesehen von den unterschiedlichen Bauweisen der Holzrahmen und Türen, sind vorallem Farben, Muster und Ornamente als Symbol des jeweiligen Stammes oder Volkes Teil der Eigenheiten. |
Für die Herstellung des Scherenrahmens werden lange halbierte Weidenschößlinge (das Holz wird auf den Wanderungen gesammelt) über dem Feuer erwärmt und so gebogen, dass sie eine leichte S-Form bekommen. Anschließend werden sie so über kreuz zusammen gelegt, dass sich viele ca. 10-15cm große Karos ergeben. An den sich ergebenden Schnittpunkten werden die jeweiligen zwei Weidenstangen durchbohrt. Durch die beiden Löcher wird ein Lederbändchen gezogen dessen Enden verknotet werden. In dieser Weise werden einzelne Rahmenteile gefertigt, die ca 2-4m lang und ca 1,5-1,8m hoch sind. Diese Rahmenelemente lassen sich jedoch zieharmonika-artig wie zu einem schmalen langen Brett zusammenfalten. 5-8 solcher Elmente (chana) werden (je nach gewünschter Größe) miteinander verbunden, indem man sie etwas überlappend zusammen bindet. Das erste und das letzte Element werden mit dem Türrahmen verbunden. Nun werden 2 bis 3 geflochtene Filzgurte um den Scherenrahmen herum gespannt und links sowie rechts an den Türzargen befestigt. Diese Gurte, die traditionell sehr schön verziert sind, geben der Scherenrahmenwand ihren eigentlichen Halt. Nun wird die Kuppel (toono) mit einer Hilfsstange in der Mitte aufgestellt. Kuppel, Türstock sowie Türe (chaalga) sind traditionell aus Holz gefertigt. Der Eingang zeigt bei den Mongolen immer nach Süden. Die Kuppel ähnelt einem Wagenrad, welches am äußeren Ring die Löcher für die Dachstangen (uni) aufweist. Die Anzahl der Löcher ist mit der Anzahl der obersten Kreuze der Scherenrahmenelemente identisch, plus zusätzlicher 4-6 Löcher für die Dachstangen, die auf dem Türrahmen aufliegen. Zunächst werden 4 Dachstangen gleichmäßig in alle 4 Himmelsrichtungen in die Löcher der Kuppel gesteckt und an den entsprechenden Kreuzen des Scherenrahmens festgebunden bzw. mit Schlaufen eingehängt. Die Kuppel sollte nun bei ca 5m Durchmesser 1m höher hängen als als die oberen Kreuze des Scherenrahmens hoch sind, sodass ein gutes Dachgefälle ensteht. Die Dachstangen bestehen ebenfalls aus Weidenschößlingen. Diese sind an ihren dickeren Enden so angespitzt, dass sie sich gut, aber stramm in die Löcher der Kuppel pressen lassen und so lang, dass sich ein Dachüberstand von 5-10cm ergibt. Man kann an dem äußeren Ende der Dachstangen 5-10cm nach Innen versetzt Lederschlaufen anbringen, so dass diese sich leicht in die Kreuze einhängen lassen. Spätestens nach dem Einsetzen aller Dachstangen sollte die Kuppel frei tragen (d.h. ohne Stützstange). Dennoch verwenden die Mongolen, aus religiösen Gründen (buddhistische Säule) und zur Sicherheit bei orkanartigen Stürmen, ein bis zwei Stützen (bagaan) dauerhaft. Damit die Dachstangen nicht wieder aus den Löchern der Kuppel heraus rutschen können, sollte die Kuppel sicherheitshalber mit mind. 4 Stricken in die 4 Himmelsrichtungen mit dem Scherenrahmen verspannt werden. Nun werden noch je nach Bedarf und Notwendigkeit einzelne Kreuzpunkte des Scherenrahmens zusätzlich mit Lederiemchen oder Filzschnur verknotet. | |
Da die Filzherstellung bei den einzelnen Nomadenstämmen unterschiedlich ist, versuchen wir hier das einheitliche Grundprinzip zuerläutern. | |
Im allgemeinen ist bei den Nomaden der Herbst die Zeit für größere Filzaktionen. Das liegt zum einen daran, dass auch die Schafschur in diese Zeit fällt (die Frühjahrswolle entsteht meist durch Auskämmen der Schafe), zum anderen wäre es wohl unnötig die gesammelte Wolle noch weiter unverarbeitet mit zuschleppen. Zuerst muß die gesammelte Herbst- und Frühjahrswolle vor der eigentlichen Filzherstellung gepeitscht werden. Dies geschieht indem die Wolle auf einem alten Filzteppich ausgebreitet wird. Mehrere Personen schlagen nun ryhtmisch mit ca. 1m langen Weidenruten solange auf die Wolle ein bis die Wollbüschel zu einem luftigem Wollberg aufgelockert sind. Dadurch wird die Wolle gleizeitig vom gröbsten Schmutz befreit. Dieser Vorgang entspricht im Groben dem Aufkämmen der Wolle. Nun wird die Wolle auf einer alten Filzbahn der sog. "Mutter" ausgebreitet. | |
Hierbei nimmt man eine Handvoll Wolle, hält mit einer Hand ein paar Wollfasern fest und zieht mit der anderen hand den Rest Wolle wieder hervor. Auf diese Art entsteht eine Art Vlies, wobei man die Richtung von Lage zu Lage ändert. Zusammengenommen mit dem Peitschen entspricht dies dem Kadieren der Wolle. Die erste innere Schicht wird vorzugsweise aus der feinsten weißen Wolle gelegt. Da dies die Oberseite ist, denn das Weiß, das bei den Mongolen ein hohes Ansehen genießt, soll weit leuchten. Nun folgen zunehmend dunklere, braune Lagen, deren Wollqualität zumeist auch derber ist. Jetzt werden alle Lagen gewässert, indem man warmes Wasser über die Hände schüttet und es so gleich massig auf dem Vlies verteilt. Bei den Mongolen werden weder Seife noch sonstige Zusätze verwendet. Nun wird das nasse Vlies auf einen ca 15cm starken Rundholzstamm aufgerollt und das Ganze mit eingeweichten Tierhäuten ummantelt. |
Anschließend werden dicke Lederlaschen über die herausstehenden Holzenden gezogen, an welchen wiederum 30-40m lange Seile befestigt sind. Nun wird das Gespann an ein Kamel oder ein bis zwei Pferde geschirrt und Stunden ja sogar tagelang über die flachen mageren Hochlandweiden gezogen. Ab und an wird der Filz wieder ausgerollt und von der/dem Filzmeister/in auf Schwachstellen geprüft, welche so vorhanden rasch mit ein paar Woll- und Pferdehaaren ausgebessert werden. Noch einmal wässern, einpacken und wieder geht es auf den langen Trail. All dies begriffen die Mongolen aber nicht als Arbeit, sondern es ist ein gesellschaftlicher Akt des Miteinanderlebens. Ist der eigentliche Filzprozess beendet, werden die letzten Arbeiten an den Filzteilen ausgeführt; das heißt an die späteren Wandteile werden Schnüre angenäht (es handelt sich dabei meist um gedrehte oder verzwirnte Pferdehaare), um diese dann am Scherengitterrahmen festbinden zu können. In der Regel braucht man bei 5m Durchmesser drei Wandteile, die etwas größer belassen werden, damit sie einander überlappen können. Für die Dachabdeckung werden je zwei Filzbahnen zusammengenäht und so zugeschnitten, dass sich je zwei Halbkreise ergeben. Danach wird im Mittelpunkt eine ca. 80cm bis 1m große Öffnung ausgeschnitten. Der gesamte Zuschnitt erfolgt möglichst so, dass keine unnötigen Reste entstehen. Auch werden nun vorallem an der kreishalbierenden Seite Schnüre angebracht. Es gibt natürlich verschiedene Arten des Zuschnittes, so kann das Dachsstück durchaus auch zu einem einzigen großen Kreis verarbeitet werden. Ebenso beschreibt Sjoberg Gunilla in ihrem Buch "Filzen", dass beim Zuschnitt einer Torgurten-Jurte die Wandteile am oberen Rand eingeschnitten werden um sich so besser der Form der Jurte anzupassen. Die übergebliebenen Reste werden nun wieder zusammen genäht um das Mittelloch abzudecken. Die Schnüre, die auch hier angenäht werden, sind jedoch viel länger, so dass sich mit ihrer Hilfe und durch gelegentliche Verwendung einer langen Stange die Dachluke je nach Bedarf öffnen bzw. schließen lässt. Selbst kleinste Überbleibsel, so sie doch anfallen, werden noch zu anderen Zwecken verwendet. Es ist eine der mongolischen Eigenheiten keine Überreste zu produzieren, sondern alles solange weiter bzw. wieder zuverwenden wie möglich. Die fertigen Wandteile werden nun mittels der Schnüre am Scherenrahmen befestigt ebenso der Dachfilz. Schließlich wird die Jurte samt dem Filz noch mit mehreren Seilen wie ein Päckchen umspannt, damit die Filzbahnen bei Wind nicht weggeblasen werden können. Zuguterletzt wird die gesamte Jurte oder auch nur das Dach (vorallem in neuerer Zeit) in Segeltuchplanen gehüllt. Diese sollen den Filz gegen Sonne, Wind, Staub und Regen schützen. Bei besonders starkem Wind werden die Jurten zuweilen auch mit Seilen und kleinen Pfosten mit der Erde verspannt. Dies ist aber eher selten nötig, da die runde, kuppelartige Form dem Wind eine nur sehr geringe direkte Angriffsfläche bietet. Die Filzhaut einer Jurte hält, je nach Wetterverhältnissen, ungeschützt ein bis drei Jahre. Die Haut wird selten komplett erneuert, sondern nur die weniger guten Teile ausgewechselt oder geflickt. So werden auch die der Wetterseite abgewandten Teile zuerst auf die Wetterseite gewechselt und die schon angegriffenen repariert bzw. erneuert. Ebenso geschieht dies mit den Teilen des Scherenrahmens, so dass die Jurte über Jahre gesehen eine komplette Erneuerung erfährt. Wo bei noch erwähnt werden soll, dass die heute übliche Jurtenform sich über Jahrhunderte entwickelt hat und vermutlich in sehr frühen Zeiten eher einem kleinen mit Fellen bespannten Zelt glich. Historische Überlieferungen berichten darüber hinaus auch von Jurten, die auf einem fahrbarem karrenähnlichem Untersatz transportiert wurden ohne sie auf- bzw. abbauen zu müssen. Noch heute werden die alten Traditionen im Gebrauch der Jurte beibehalten. Religiös bedingte Regeln, wie z.B. das Ausrichten der Tür nach Süden, die "Heiligkeit" der Schwelle wie auch die Raumaufteilung ansich, haben sich über Jahrtausende bewährt. So entspricht die südliche Himmelsrichtung der wetterabgewandten Seite. Zugleich bildet das Innere der Jurte zusammen mit dem Sonneneinfall durch die Tür eine zuverlässige Sonnenuhr. Der stets gleiche Aufbau ermöglicht den Normadenvölkern die Orientierung im Raum - in der endlosen Weite der Steppe. |